Viele Finanzberater scheuen die Honorarberatung in der Annahme, dass ihre Kunden Honorarzahlungen nicht akzeptieren würden. Das Gegenteil wäre der Fall, wenn das Honorar nur richtig erklärt würde. Eine Gebrauchsanleitung.
Zugegeben: Der Schritt in die Honorarberatung fällt sehr vielen Finanzberatern schwer. Zu schwer. Jeder, der sich näher mit einer möglichen Umstellung seines Geschäftsmodells beschäftigt, kommt schnell zu der Frage, welche Honorareinnahmen er den bräuchte, um wirtschaftlich arbeiten zu können.
Spätestens die Aufstellung eines Businessplans macht klar: Für eine durchschnittliche Anlageberatung wird ein Honorar in vierstelliger Höhe notwendig sein. Das ergibt ein Stundenhonorar von wenigsten 150 oder 200 Euro. Da es im Vergleich zu anderen beratenden Berufen keine Gebührenordnung gibt, steht ihm als zukünftigen Honorarberater die Gestaltung der Preise offen.
Aber werden die Kunden solche Honorare akzeptieren? Zweifel kommen hoch. Anders als bei der Provisionsberatung müssen die Kunden eine psychologisch nicht zu unterschätzende Hemmschwelle überwinden. Nämlich selbst aktiv werden und das Honorar überweisen. Bei der Provisionsberatung fallen die Kosten dagegen kaum auf.
So plausibel sich diese Vorüberlegungen auch anhören mögen, sie führen von Beginn an zu einer falschen strategischen Grundüberlegung, die zu einer wirtschaftlichen Schwächung führt. Auffällig dabei ist, dass selbst etablierte Berater die eigene Leistung unter Wert verkaufen würden und deshalb lieber gleich wieder von dem Vorhaben „Honorarberatung“ Abstand nehmen.
Den Kunden interessiert die Berufsbezeichnung nicht
Der Übergang in die neue Welt der „unabhängigen Honorarberatung“ ist ein fließender. Wer in dieser frühen Phase – sozusagen zur Vorbereitung – seinen Kunden gegenüber mit dem Etikett „Honorarberatung“ wirbt, muss lernen diesen Status attraktiv zu vermarkten bzw. zu verkaufen. Honorarberatung ist nur ein Status, mehr erst einmal nicht. Der Kunde hat die Sicherheit, dass er unabhängig in seinem Interesse beraten wird. Das erzählt ihm aber auch ein Makler oder freier Finanzberater. Mit dem Etikett „Honorarberatung“ hat der Kunde noch kein Ergebnis für sich erzielt. Den Kunden interessiert am Ende nicht, was die Berufsbezeichnung des Beraters ist oder welche Ausbildung er hat. Was beim Kunden zählt ist zunächst nur eins: Ob ihm bei seinem Problem schneller, besser und sicherer geholfen werden kann.
Solange man diese Sichtweise als Berater nicht verinnerlicht hat, wird es immer schwerfallen, Kunden für sein Angebot zu gewinnen. Der größte Fehler quasi aller Ein- und Umsteiger unter den Beratern ist, dass sie sich und ihre Methoden in den Mittelpunkt stellen. Sie reden über den Hammer – der Kunde wünscht sich jedoch den Nagel in der Wand, um sein Bild aufzuhängen.
Ein klares Angebot machen
Und auch im nächsten Schritt sollte der Berater es noch tunlichst unterlassen, über Honorare zu sprechen. Zunächst sind das Leistungsangebot und der Mehrwert der Honorarberatung zu kommunizieren. Dafür sollte sich der Berater seine Kunden regelrecht zurechtlegen. Die Erfolgsformel für die Angebots- und Leistungserstellung basiert auf folgenden drei Faktoren:
- Wer ist der ideale Kunde im Bestand, welche Zielgruppe mit welchen Attributen soll künftig zusätzlich erreicht werden?
- Welches sind die wichtigen Merkmale der definierten Zielgruppe und welche dringenden Anliegen wollen sie gelöst wissen?
- Welches konkrete Endergebnis werden die Kunden aus der Zielgruppe geliefert bekommen?
Der Honorar-Berater muss also zu allererst dem Kunden aufzeigen, dass er ein bestimmtes Ergebnis X in einem Zeitraum Z ohne das Problem P und den Schmerz S erreicht. Und dafür sind Menschen auch bereit, ein Honorar zu bezahlen.
Die goldene Regel der Preisfindung
Erst im dritten Schritt geht es um die Preisgestaltung des Angebots und die Kommunikation der Honorierung. Typische Herangehensweise bei der Preisfindung ist, dass der Berater zunächst für sich den betriebsnotwendigen Umsatz ermittelt, um Kosten zu decken und ausreichend Einkommen für sich zu erwirtschaften. Mit dieser Mindestumsatzplanung kann er sein Honorar kalkulieren. Aber diese Rechnung führt ihn nicht recht weiter. Denn er hat gleich drei Variablen: Braucht er x Kunden bei einem Honorar von y für z Stunden oder muss er ein Honorar von y für z Stunden bei x Kunden verlangen? Nein, diese Art der Rechnung führt komplett ins Leere.
Ein erzielbares Honorar hängt weder von den betriebswirtschaftlichen Kosten noch von den Wunschumsätzen ab. Sondern einzig von den Kunden. Denn die Kunden interessiert nicht, wie viele Stunden der Berater arbeiten möchte und ob er dies in einem Büro mit einer hohen oder günstigen Miete tut. Die Kunden kaufen dann eine Leistung, wenn der fokussierte Nutzen, den sie sich davon versprechen, mindestens dem zu zahlenden Preis entspricht. Deshalb lautet die goldene Regel der Preisfindung:
„Das maximal zu erreichende Honorar ergibt sich aus dem Nutzen aus einer Leistung“
Im Klartext: Der Kunde wägt Kosten und Nutzen ab und zahlt nur in zwei Fällen ein angemessenes Honorar:
- wenn Preis und Nutzen aus seiner Sicht in einem ausgewogenen Verhältnis stehen,
- oder wenn der von ihm gefühlte Nutzen den geforderten Preis sogar noch übersteigt.
Für Berater heißt dies, dass bei der Kalkulation des Honorars einzig der Kundennutzen die entscheidende zentrale Stellschraube ist. Denn der Kunde zahlt nur für Leistungen, die er sieht und als relevant empfindet! Dazu muss der Honorarberater Dienstleistungspakete gestalten und deren Nutzen für den zukünftigen Kunden klar definieren. Danach erst werden die Leistungen kalkuliert und bepreist.
Das Honorar ist die Anerkennung einer Leistung. Und dazu zählt auf Seiten des Kunden auch der langfristige Vorteil. Lernt der Kunde, wieviel Geld er an Gebühren, an Provisionen und an versteckten Kosten über die Jahre spart, dann ist er auch bereit, dafür ein Honorar zu zahlen, wenn dieses in der Summe darunter liegt.
Auf die Kommunikation kommt es an
Viele Untersuchungen zeigen, dass Kunden nicht gewohnt sind, Preise linear wahrzunehmen. In Gedanken bilden wir Preisgruppen. So ordnen wir Verbraucher die drei Preise 1.200, 1.600 und 1.900 schnell in die Kategorie 1.000–2.000 Euro ein. Dabei wirkt die erste Stelle immer als der Signalgeber. Honorarberater sollten sich also nicht scheuen, ihre Paketpreise in ähnlichen Kategorien anzusiedeln. Hilfreich ist auch eine Preisgestaltung nach optischen Gesichtspunkten. Gebrochene Preise wie 2.750 Euro signalisieren eine genaue Kalkulation. Eine gute Ergänzung hierzu bildet auch die Zusammenfassung von Einzelstunden in Paketen oder individuellen Modulen zur Auswahl. Von Bedeutung ist auch der Umgang mit Begrifflichkeiten. Der Begriff Kosten beispielsweise ist negativ besetzt. Er signalisiert dem Kunden laufende Ausgaben ohne einen entsprechenden Mehrwert. Das Wort „Investition“ dagegen weist auf die Schaffung eines bleibenden Wertes hin. Bekommt der Kunde das Gefühl, das Honorar sei eine Investition, um zu einem positiven Ergebnis zu gelangen, wird er über die Höhe des Honorars nicht verhandeln. Alles Beispiele, die zeigen, wie Berater ihr Honorar kommunizieren können.
Fazit:
Die Honorar- und Preisgestaltung richtet sich nur nach dem Kundennutzen, nicht nach betriebswirtschaftlichen Aspekten. Qualitativ hochwertige Dienstleistungen mit einem hohen Kundennutzen rechtfertigen angemessene Honorare und Preise. Hilfreich für Verhandlungen sind die verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten zu den Preisen sowie Wahlmöglichkeiten.
Davor Horvat, Vorstand der Honorarfinanz AG